CANNABIS FAQ


KOSTEN

Ja. Die Voraussetzungen für eine Verordnung auf Privatrezept ergeben sich aus § 13 BtMG. Die Anwendung von Cannabis muss demnach medizinisch begründet sein. Außerdem sollte im Zweifel dargelegt werden können, warum Arzt und Patient davon überzeugt sind, dass der beabsichtigte Zweck der Therapie nicht auch auf andere Weise (ohne den Einsatz von Betäubungsmitteln) erreicht werden kann.

Ist beides der Fall, kann jeder Humanmediziner (mit Ausnahme von Zahnärzten) Medizinalcannabis auf Privatrezept verordnen – die Kosten trägt der Patient selbst.

Die Antragstellung erfolgt formal durch den Patienten bzw. die Patientin. Letztlich kommt es aber immer auf die Indikationsstellung und die Argumentation des Arztes an.

Hiervon ausgenommen sind Verordnungen auf ein Privatrezept; hier übernimmt der Patient bzw. die Patientin die Therapiekosten selbst und der Antrag auf Kostenübernahme entfällt. Patienten und Patientinnen, die bei einer privaten Krankenversicherung versichert sind, können mit ihrer Versicherung klären, ob ihr Tarif die Kosten für eine entsprechende Therapie ggf. abdeckt.

Gesetzliche Krankenversicherungen sind unter gewissen Voraussetzungen dazu verpflichtet, die Kosten für eine Therapie mit Medizinalcannabis zu übernehmen.

Entscheidend sind hier vor allem zwei Dinge:

Zunächst müssen sich Arzt oder Ärztin und Patient:in vom Einsatz von Medizinalcannabis eine realistische Chance auf eine spürbare Verbesserung des Krankheitsverlaufes oder schwerwiegender Symptome versprechen.

Außerdem soll ein Therapieversuch mit Cannabis nur dann erfolgen, wenn „konventionelle” Therapien entweder nicht vorhanden sind, schon erfolglos probiert wurden, oder wenn es aus Sicht des Arztes oder der Ärztin gute Gründe dafür gibt, sie nicht zu versuchen.

Grundsätzlich sollte also allein der Arzt bzw. die Ärztin darüber, ob ein Therapieversuch mit Medizinalcannabis erfolgen soll. Die Entscheidung erfolgt natürlich immer in enger Abstimmung mit dem bzw. der zu Behandelnden.

Im Gesetzestext (§31 Abs. 6 SGB V) heißt es hierzu wörtlich:

„Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

  1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
  1. a) nicht zur Verfügung steht oder
  2. b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
  1. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. […]“

CANNABISSORTEN

Der Begriff Medizinalcannabis umfasst sowohl Cannabisblüten als auch Cannabisblütenextrakte sowie Medikamente, die aus den Bestandteilen der Cannabispflanze hergestellt werden. 

Dem Patienten bzw. der Patientin stehen somit vor allem zwei Arten zur Verfügung, ihr Medizinalcannabis einzunehmen: Inhalation (Aufnahme über die Lunge), wie sie in aller Regel bei der Verordnung von Cannabisblüten erfolgt oder die orale Einnahme (Aufnahme über Magen-Darm-Trakt), die vor allem bei Cannabisextrakten eine Rolle spielt.

Bei der Inhalation von Cannabisblüten, die immer durch Vaporisierung (Verdampfung) in einem medizinischen Vaporisierer erfolgen sollte, gelangen die aktiven Inhaltsstoffe aus der Blüte über die Lunge direkt in den Blutkreislauf – der Wirkeintritt erfolgt hierbei schon nach wenigen Sekunden bis Minuten und hält dann ungefähr zwei bis drei Stunden an. (QUELLE)

Durch die orale Einnahme von z. B. Cannabisextrakten erfolgt die Aufnahme der Wirkstoffe über den Magen-Darm-Trakt. Dabei kommt werden die Inhaltsstoffe zunächst in der Leber verstoffwechselt (der sog. First-pass-Effekt) bevor sie schließlich in den Blutkreislauf gelangen. Der Wirkeintritt erfolgt ca. 30 bis 90 Minuten nach der Einnahme, also deutlich später als nach Inhalation. Die Wirkung kann dann allerdings bis zu acht Stunden und länger andauern. (QUELLE!).

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Eigenschaften der beiden Darreichungsformen, Inhalation und orale Einnahme:

Inhalation Orale Einnahme
Bioverfügbarkeit 15-35% 3-12%
Wirkungseintritt Sekunden bis wenige Minuten 30-90 Minuten
Maximale Wirkung Nach 20 Minuten Nach 2-4 Stunden
Dauer der Wirkung 2-3 Stunden 4-8 Stunden
First-pass-Effekt in der Leber Nein Ja

Für Patientinnen bzw. Patienten, für die ein schneller Eintritt der Wirkung entscheidend ist, ist die Inhalation die beste Option. Die orale Einnahme ist hingegen vor allem für Patientinnen und Patienten von Vorteil, die eine länger anhaltende Wirkung benötigen. 

Wie die Wahl der Cannabissorte hängt also auch die Wahl der Darreichungsform von den jeweiligen Bedürfnissen sowie den persönlichen Präferenzen der Patientin bzw. des Patienten ab.

Von welcher Cannabissorte eine Patientin bzw. ein Patient im Rahmen einer Therapie am meisten profitieren kann, lässt sich derzeit noch nicht immer sicher voraussagen.

Das Identifizierender am besten geeigneten Sorte kann eine gewisse Versuchsperiode vorausgehen. Ein erfahrener Arzt oder Apotheker bzw. eine erfahrene Ärztin oder Apothekerin können diesen Prozess ggf. stark verkürzen. Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arzt/Ärztin Patient/Patientin und Apotheker/Apothekerin ist hier also von entscheidender Bedeutung.

Es gibt darüber hinaus einige Daumenregeln, deren Nutzen jedoch eher fragwürdig ist. So ist vielen die Kategorisierung von Cannabissorten in Indica und Sativa (und als Mischform die sog. Hybride) geläufig.

Wenngleich diese Unterteilung nach wie vor breite Anwendung findet und auch nicht ganz ohne Aussagekraft ist: eine solide wissenschaftliche Grundlage findet sich dafür nicht.

Ihre Aussagekraft behält sie sozusagen als „Chiffre” für gewisse Tendenzen in der Wirkung einzelner Sorten. Anregende, geistig eher aktivierende und zum Teil auch stärker psychoaktive Cannabisblütensorten werden demnach oft als „Sativas” oder als „sativa-dominant” bezeichnet. „Indicas” bzw. „indica-dominante” Sorten sind hingegen eher mit einer stark beruhigenden, entspannenden und körperbetonten Wirkung assoziiert.

Indica und Sativa beschreibt also, stark vereinfacht, die beiden Enden eines breiten Spektrums möglicher Wirkungen. Als Begriffe bieten sie demnach einen ersten Anhaltspunkt zur Einschätzung des spezifischen Cannabinoid-Terpen-Profils einer gegebenen Sorte.

Die Vielzahl der erhältlichen Medizinalcannabisprodukte, insbesondere der verschiedenen „Sorten” von Blüten, stellt vor allem unerfahrene Patient:innen und Verordner:innen vor eine Herausforderung. 

Cannabissorten unterscheiden sich nicht nur in ihrer Wuchsform sondern auch hinsichtlich der spezifischen Zusammensetzung der in ihnen enthaltenen Inhaltsstoffe.

Das betrifft zunächst die Konzentration der Hauptwirkstoffe THC (delta-9-tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). Verschiedene Sorten lassen sich hierbei drei Haupttypen zurodnen:

Typ 1: THC-dominante Cannabissorten

Diese Sorten enthalten nennenswerte Mengen THC, jedoch kaum CBD.

Typ 2: Ausgewogene Cannabissorten

In diesen Sorten liegt das Verhältnis von THC zu CBD ca. bei eins. Das heißt, dass in etwa gleich viel CBD wie THC enthalten ist.

Typ 3: CBD-dominante Cannabissorten

THC ist in diesen Sorten nur in sehr kleinen Mengen enthalten, während der CBD-Gehalt dominiert.

Für die exakte Wirkung einer Cannabissorte werden neben Cannabinoiden vor allem auch die enthaltenen Terpene verantwortlich gemacht. Sie sind übrigens auch verantwortlich für das typische Aroma von Cannabisblüten, das sich von Sorte zu Sorte teils stark unterscheiden kann. Diese Terpene können sehr potent sein und können auch in geringen Dosen eine Wirkung entfalten. 

Es wird angenommen, dass es zwischen Cannabinoiden und Terpenen zu Wechselwirkungen kommt und sich daraus ein signifikantes synergistisches Potenzial ergeben kann. Im Bereich der Pflanzenheilkunde ist das nichts Ungewöhnliches und das Prinzip wird oft mit einem Ausspruch des Aristoteles verdeutlicht: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.”

Aus der zunächst scheinbar unübersichtlich hohen Anzahl von erhältlichen Cannabisblütensorten ergibt sich damit ein deutlicher Nutzen für die Patient:innen: mit der Wahl der Blütensorte kann in hohem Maße auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden. Viele Ärzte begrüßen das als einen großen Schritt in Richtung individualisierter Therapieansätze.

MEDIZINALCANNABIS

Eine Therapie mit Medizinalcannabis wird insbesondere dann nicht empfohlen wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:

  • Bestehen einer schweren Persönlichkeitsstörung
  • Psychosen Schizophrenie
  • Schwere Depression
  • Suchterkrankungen
  • Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Schwangerschaft / Stillzeit
  • Alter <25
  • Unverträglichkeit / Allergie

Cannabis wirkt zwar sowohl körperlich als auch psychisch, jedoch nicht spezifisch. Das liegt daran, dass die Rezeptoren des Endocannabinoidsystems im ganzen Körper vorkommen; deren Aktivierung kann also je nach Person unterschiedliche Effekte haben. Gemeinhin wird die Wirkung als angenehm und entspannend beschrieben. Die Wahrnehmung kann sich leicht verändern, das Schmerzempfinden gesenkt werden und das allgemeine Wohlbefinden kann nach der Einnahme gesteigert sein. Da die Wirkung aber nicht spezifisch ist, kann eine Wirkung, die in einem Fall erwünscht ist, in einem anderen Fall unerwünscht sein und als unangenehm wahrgenommen werden.

Das Verhältnis von tödlicher zu wirksamer Dosis beträgt schätzungsweise ca. 20.000:1. Eine Störung physiologischer Funktionen oder eine Schädigung innerer Organe ist nicht bekannt  Cannabis gilt als Medizin im Vergleich zu etablierten Medikamenten als verhältnismäßig sicher.

Im Folgenden sind Nebenwirkungen nach ihrer Häufigkeit aufgelistet. Alle bekannten Nebenwirkungen gelten als mild und sind vorübergehend, d. h. sie lassen im Verlauf der therapie nach oder verschwinden vollkommen. Viele von ihnen treten vor allem zu Beginn der Therapie auf, wenn der Patient bzw. die Patientin sich noch in der Einstellungsphase befindet.

Häufige Nebenwirkungen:

  • Benommenheit
  • Schwindel
  • Trockener Mund
  • Husten, Bronchitis (nur bei Inhalation)
  • Angstzustände
  • Übelkeit
  • Kognitive Einschränkungen

Weniger häufige Nebenwirkungen:

  • Euphorie
  • Verzerrte Wahrnehmung
  • Kopfschmerzen

Seltene Nebenwirkungen

  • Orthostatische Hypotonie
  • Toxische Psychose / Paranoia
  • Depression
  • Ataxie
  • Tachykardie
  • Cannabis-Hyperemesis-Syndrom
  • Unerwünschte gastrointestinale Wirkungen

Dadurch, dass die Bestandteile des Endocannabinoidsystems überall im menschlichen Körper verteilt sind, ergibt sich ein entsprechend breites Spektrum möglicher Anwendungsgebiete.

Die rechtliche Lage lässt eine Verschreibung von Medizinalcannabis immer dann zu, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder nach Abwägung durch den Arzt nicht zur Anwendung kommen kann.

Aus den vorläufigen Ergebnissen der sogenannten Cannabisbegleiterhebung, die im Februar 2021 publiziert wurden, ergeben sich die folgenden Erkrankungen und Symptomatiken, die eine Therapie mit Medizinalcannabis begründet haben sowie deren Anteil an der Anzahl aller Verschreibungen:

  • Schmerz: 73%
  • Spastik: 10%
  • Anorexie/Wasting: 6%
  • Multiple Sklerose: 6%
  • Übelkeit/Erbrechen: 5%
  • Depression: 3%
  • Migräne: 2%
  • ADHS: 1%
  • Appetitmangel/Inappetenz: 1%
  • Darmkrankheit, entzündlich, nichtinfektiös: 1%
  • Epilepsie: 1%
  • Ticsörung inkl. Tourette / Restless-legs-Syndrom / Insomnie bzw. Schlafstörung / Clusterkopfschmerz: jew. <1%

Grundlage dieser Berechnungen sind knapp über 10.000 vollständige Datensätze, die zum Zeitpunkt der Zwischenauswertung vorlagen.

Laut Cannabisbegleiterhebung waren über die Hälfte (56%) der verordnenden Ärzte / Ärztinnen in spezieller Schmerztherapie weitergebildet, 39% waren Palliativmediziner. Medizinalcannabis wurde vor allem in den Fachbereichen Anästhesiologie, Allgemeinmedizin, Neurologie und Innere Medizin verordnet. 

Medizinalcannabis enthält sogenannte Cannabinoide. Die bekanntesten Vertreter dieser Stoffgruppe sind delta-9-tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Von den über 100 verschiedenen Cannabinoiden, die in der Cannabispflanze enthalten sein können, ist THC das am besten erforschte; es ist für die meisten der gewöhnlich mit Cannabis assoziierten – Effekte verantwortlich. CBD hingegen wirkt auch in höheren Dosierungen nicht „berauschend”.

Dass die pflanzlichen Cannabinoide (die sog. Phytocannabinoide) überhaupt einen Effekt auf uns haben können, liegt an ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit körpereigenen Substanzen, den sog. Endocannabinoiden. Diese wirken über ein körpereigenes System, das sogenannte Endocannabinoidsystem, oder kurz: ECS. Stark vereinfacht lässt sich sagen, dass die Aufgabe dieses Systems die Feinsteuerung etlicher anderer Systeme und physiologischer Prozesse im Körper ist. Bestandteile des ECS finden sich überall im menschlichen Körper und entsprechend vielfältig sind auch die Bereiche, auf die es Einfluss nimmt. Dazu gehören etwa:

  • Immunsystem
  • Schmerzempfinden
  • Entzündungsprozesse
  • Appetit
  • Verdauung
  • Seelisches und psychiatrisches Gleichgewicht
  • Schlaf-wach-Rhythmus
  • Gedächtnis
  • Fortpflanzung
  • Kardiovaskuläre Funktionen

Cannabinoide, egal ob pflanzlich oder körpereigen, wirken dabei in der Regel inhibitiv, d. h. dämpfend oder drosselnd. Wird (bspw. durch eine Verletzung) ein Schmerzreiz ausgelöst, kann das Endocannabinoidsystem dazu beitragen, dass die Intensität dieses Reizes nach einer gewissen Zeit abnimmt.

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